Lebensweg
Mein privater und beruflicher Werdegang
Vielleicht beginne ich einfach klassisch: Ich wurde am 9. September 1953 in Flensburg als Kind eines österreichischen Vaters und einer fränkischen Mutter geboren. Mein Vater war Leiter des Kraftfahrbundesamtes, das dort seit 1952 seinen Standort hat, meine Mutter, wie fast alle anderen Frauen damals, Hausfrau.
Meine beiden Geschwister und ich wurden ziemlich streng erzogen; da wir aber einen beträchtlichen Teil des Tages uns selbst überlassen waren, kam unsere Freiheit trotzdem nicht zu kurz. Am Fördestrand und in den umliegenden Wäldern konnten wir uns austoben und wenn das Wetter schlecht war, gab es einen Haufen Bücher. Lesen konnte ich schon vor der Schule, ebenso auf dem Klavier meiner Mutter herumhämmern – und diese beiden Dinge waren es dann, die mich in der Schule am meisten interessierten: Lesen und Musikmachen. Deshalb war ich ganz einverstanden damit, dass mich meine Eltern auf das altsprachliche Gymnasium schickten: Latein war okay, Griechisch noch weit weg, aber einen Deutsch- und einen Musiklehrer gab es, die mich begeisterten, eine Theatergruppe, ein Orchester und einen Chor. Den Rest nahm ich, naja, in Kauf.
Ich sang in mehreren Chören, spielte Theater, lernte Cello und erspielte mir mit 15 ein Vorstipendium der Musikhochschule in Lübeck. Der „Rest“ geriet mehr und mehr ins Hintertreffen, aber meine Lehrer (es gab nur eine einzige Frau damals) waren nachsichtig und winkten mich 1972 durchs Abitur. Meine Begeisterung für Literatur und Musik blieb, und es kam noch etwas hinzu: In der Oberstufe hatte ich einen Geschichtslehrer, der uns zeigte, dass man Geschichte nicht zwangsweise aus Schulbüchern lernt, sondern aus zeitgenössischen Quellen aller Art. Die Leidenschaft, alte Bilder, Urkunden, Akten und Chroniken zu analysieren und in erzählende Sprache zu verwandeln, hat mich damals gepackt und nie mehr losgelassen.
Doch vier Wochen nach dem Abitur folgte erst mal die Bundeswehr. Nach der Grundausbildung ging ich als Militärmusiker nach Hamburg und später nach Siegburg bei Bonn. Ich merkte dort, dass es für eine ordentliche Karriere als Musiker wohl nicht reichte – es blieben als erste Wahl für das Studium also Geschichte und Literaturwissenschaft. Den Ausschlag gab ein Besuch in Würzburg, wo es mir so gut gefiel, dass ich blieb und 1974 ein Studium der Geschichte, Germanistik, Sozialkunde und Philosophie aufnahm, das ich 1978 mit dem ersten Examen abschloss.
1979 lernte ich meine Frau kennen, eine echte Würzburgerin und leidenschaftliche Romanistin, mit der ich seit 1983 verheiratet bin.
Nach meiner Promotion in Rechtsgeschichte 1981 stürzte ich mich ins Berufsleben. Das Lehrerhandwerk lernte ich als Referendar in Bamberg und Coburg. 1983 legte ich mein zweites Examen ab. Damals gab es ein enormes Überangebot an Junglehrerinnen und Junglehrer, kaum jemand wurde sofort eingestellt. Deshalb arbeitete ich ein Jahr lang als Wissenschaftlicher Angestellter an den Universitäten in Köln und Würzburg. Dann war es so weit: Eine Lehrerstelle, erst in Lichtenfels, dann in Bayreuth. Das machte mir Spaß, denn ich brachte eine wichtige Voraussetzung mit: Ich mochte und mag Kinder.
1989 dann etwas Neues, wirklich Aufregendes: eine Abordnung an das Haus der Bayerischen Geschichte. Ausstellungen konzipieren, Methodik und Didaktik für die Werkschauen entwickeln, kind- und jugendgemäße Materialien erfinden und produzieren: Vom Suchrätsel bis zum Wanderführer, vom witzigen Brettspiel bis zur Kurzgeschichtensammlung. Den Höhepunkt bildete eine Ausstellung zum Thema „Jugend im Bayern des 20. Jahrhunderts“, die ich mit meinem Team entwickelte und die an 35 Orten in Bayern gezeigt wurde. Nach fünf spannenden Jahren kehrte ich in den Schuldienst zurück, nach München, wo ich nun selbst für die Ausbildung junger Kolleginnen und Kollegen zuständig war. Sieben ausgefüllte und glückliche Jahre folgten.
Als dann im Jahr 2000 im Münchner Umland eine Reihe von Schulleitungen vakant wurde, bewarb ich mich und wurde Direktor des Gymnasiums Grafing, einer sehr großen Schule, die im Lauf der Jahre auf fast 1.700 Schülerinnen und Schüler anwuchs. 13 Jahre blieb ich dort, und ich weiß, wovon ich rede, wenn ich behaupte: Für einen Philologen gibt es wohl kaum einen Beruf mit mehr Gestaltungsmöglichkeiten und mehr Verantwortung in so vielen Bereichen wie im Mikrokosmos Schule.
Trotzdem: Mein Berufsleben lang hat mich die Sehnsucht nach Wechsel und neuer Herausforderung nie verlassen. Mit 59 Jahren wollte ich es noch einmal wissen und habe die Leitung der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit übernommen.
Es war allerdings nicht nur die Lust auf Neues, die mich dazu bewogen hat, sondern auch der Befund, dass unsere Demokratie vielfach bedroht ist: Durch Macht- und Geldgier, durch zunehmende Radikalisierung, durch Gleichgültigkeit, fehlende Empathie, Egozentrismus und Unwissenheit. Eines der Mittel dagegen ist die Vermittlung politisch-historischer Bildung an Menschen aller Schichten und jeden Alters. Darum habe ich mich bis zum Ende meiner Berufslaufbahn 2019 intensiv bemüht. Am Befund hat sich leider nichts geändert.
Meine Frau und ich leben seit 1990 im Chiemgau – ganz in der Nähe unseres Sohnes, unserer Schwiegertochter und unserer beiden Enkel.
Immer was zum Schreiben dabei …
Meine Arbeit als Schriftsteller
Dass ich einen Hang zum Erzählen habe, war angeblich schon früh unverkennbar: Ich habe keine Erinnerung daran, aber meine Eltern wussten zu berichten, dass ich meinen Redefluss schon als Dreijähriger kaum zu bremsen vermochte. Ein paar Jahre später habe ich meine ersten Gedichte geschrieben – in der Regel, um meine Mutter milde zu stimmen, wenn ich etwas angestellt hatte.
Aufsätze zu verfassen machte mir auch im Gymnasium noch ausgesprochen Spaß, was in meiner Klasse niemand nachvollziehen konnte, nicht einmal der Primus. Mit 15 Jahren konzipierte ich meinen ersten Roman. Er begann mit einer großen Liebe und endete mit dem Tod des Protagonisten, der sich verzweifelt von einer Brücke stürzte. Über das Konzept bin ich dann allerdings doch nicht hinausgekommen.
Später, während der Bundeswehr- und der Studienzeit, habe ich mich vor allem mit Lyrik beschäftigt, ernsthaft mit vielerlei Formen experimentiert, daneben auch viele Schüttelreime geschrieben, ein großer Spaß, der um ein Haar zur Sucht geworden wäre.
Als junger Lehrer begann ich dann, Theaterstücke, Geschichten und Gedichte für meine Schüler zu schreiben, die ich über die Jahre sammelte. Irgendwann schickte ich eine Auswahl davon an verschiedene Verlage – und wartete fortan sehnsüchtig auf Post.
Tatsächlich geschah das Wunder: Es kam zur Zusammenarbeit mit einem Verlag, dem Franz Schneider Verlag, und im Herbst 1991 erschien mein erstes Buch, ein wunderschön illustriertes Weihnachtsbuch („Ein Bäumchen, ganz für dich allein“), das über 50.0000 mal verkauft wurde. Trotzdem hätte ich nie damit gerechnet, was nach einigen weiteren Aufträgen folgte, als 1994 mit „Der schwarze Mönch“ mein erster historischer Roman auf den Markt kam. In meinem Büro standen plötzlich das ZDF, SAT.1 und der Bayerische Rundfunk, Rezensionen in der FAZ und SZ erschienen, man adelte mein Buch als den „Namen der Rose“ für Jugendliche.
In diesem Genre, historische Romane (nicht nur) für junge Leute, folgten viele weitere Bücher, darunter „Die Hexe von Zeil“, „Im Schatten des schwarzen Todes“, „Der Rubin des Königs“, „Der Kuss der Löwin“, „Der Dieb von Rom“, von denen viele erfolgreich waren und etliche noch nach vielen Jahren auf dem Markt sind.
Das brachte mir auch Aufträge im Bereich der didaktischen Geschichtserzählung ein: „Geschichte erzählt“ etwa, 100 Geschichten aus der Geschichte beim Cornelsen Verlag, oder etliche Bände der Reihe „Lebendige Geschichte“ bei Arena, die mir besonders viel Spaß gemacht haben: Sie verbinden eine spannende Erzählung mit informativen Sachkapiteln. Eine Anzahl von (historischen) Krimis sorgte dafür, dass ich nicht allzu sehr auf die didaktische Bahn geriet.
Eine Frage wird einem Schriftsteller immer wieder gestellt: Wie entwickelt man eigentlich eine Geschichte? Woher kommen die Ideen? Mir fallen oft spontan Dinge ein, mal nur ein Titel, mal eine Thematik, mal eine Figur. Das kann durch ein Bild ausgelöst werden oder durch eine Textquelle oder eine Begegnung. Deshalb habe ich immer etwas zum Schreiben dabei. Wenn ich merke, dass mich da irgendwas oder irgendwer nicht mehr loslässt, entwickle ich daraus eine Idee. Dann folgt die Recherche, die mal mehr, mal weniger aufwändig ausfällt. Mir ist es wichtig, dass meine Szenarien, meine Figuren akkurat und historisch genau gezeichnet sind, Details haben für mein Verständnis von Authentizität große Bedeutung.
Beim Schreiben selbst passiert dann etwas Seltsames: Mit fortschreitender Handlung entwickeln sich meine Figuren, beginnen ein Eigenleben, und am Ende ist in der Regel keine mehr so, wie ich sie ursprünglich angelegt habe. Apropos Ende: Ich liebe Schlüsse, die im Ungefähren bleiben, denn das Offene scheint mir oft spannender als das Endgültige, der Zweifel wahrhaftiger als das glückliche Ende. Im Normalfall brauche ich ungefähr anderthalb Jahre für einen Roman, wobei die Dauer der vorausgehenden Recherche auch davon abhängt, wie sehr ich in einem Stoff „zu Hause“ bin.
Irgendwas schreibe ich eigentlich immer. Aber so sehr mir das – vor allem in Hinblick auf das fertige „Produkt“ - Vergnügen bereitet, erfordert es doch auch eine Menge Disziplin. Schreibtisch statt Couch, so ging es mein ganzes Berufsleben hindurch. Auch im Urlaub saß ich meistens in irgendeinem Strandcafé und tippte in mein Notebook – meine Frau und mein Sohn hatten glücklicherweise immer Verständnis dafür.
Mein Stil? Ich möchte möglichst unverquast schreiben, zugleich bildkräftig und mit einem hohen Anteil an Innengeschehen. Nie schreibe ich ins Unreine, sondern tüftele so lange, bis ich mit einer Formulierung, einem Bild, einer Metapher zufrieden bin, der Sprachfluss eines Satzes muss für mich stimmen. Rhythmus und „Klang“ finde ich sehr wichtig.
Alles in allem: Das, was ich sehe, erlebe, fühle, denke, in Geschichten zu verwandeln und zu Papier zu bringen, das ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens.
Deshalb, wie gesagt, habe ich auch immer etwas zum Schreiben dabei …